Kürzungen der Zuwendungen bedrohen Beratungsangebote für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen
Stellungnahme der Träger des Förderprogramms Migrationsrechts- und Flüchtlingsberatung und der Fachstellen des Berliner Netzwerks für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS)
Der asyl-, aufenthalts- und migrationsrechtliche Diskurs hat in den letzten Monaten eine verbale Aufrüstung erfahren, die größten Anlass zur Sorge bereitet. Die Rufe nach verschärfter Abschottung und Angriffe auf das individuelle Recht auf Asyl treiben die Erosion fundamentaler Rechte und somit auch unseres demokratischen Grundverständnisses voran. Gleichzeitig erlebt Europa die größte Fluchtbewegung seit dem Ende des 2. Weltkrieges. Alleine 2022 sind rund 1,2 Mio. Menschen nach Deutschland geflüchtet. 2023 sind in den Monaten Januar bis Juli mehr Asylanträge in Berlin gestellt worden, als im Vergleichszeitraum 20221. Die Nachfrage nach qualitativer Beratung, Versorgung und Unterbringung im Einklang mit unionsrechtlichen Vorgaben ist unverändert hoch bzw. steigend. Das Beratungsangebot der BNS-Fachstellen ist aktuell nicht bedarfsdeckend, die Beratungsanfragen übersteigen die Kapazitäten bei weitem. Insoweit wäre eine Aufstockung der Beratungskapazitäten notwendig, um dieser Nachfrage gerecht zu werden.
Die im Doppelhaushalt 2024/2025 vorgesehenen Kürzungen für das BNS in Höhe von rund 20 Prozent sind vor diesem Hintergrund unverständlich und erfüllen uns mit Erstaunen. Soweit die Kürzungen realisiert werden, führen diese zu einer substanziellen Schwächung der BNS-Fachstellen und gefährden damit den vom Land Berlin eingeschlagenen Weg zur Umsetzung der RL 2013/33/EU - Aufnahmerichtlinie nachhaltig. Eine Kürzung stellt eine existenzielle Bedrohung für einige BNS-Fachstellen dar; damit besteht die ganz reale Gefahr, dass die Beratungsarbeit nicht weiter fortgesetzt werden kann. Der sich u.a. direkt aus dem Gesamtkonzept zur Integration und Partizipation Geflüchteter, dem Leitfaden zur Identifizierung von besonders schutzbedürftigen Geflüchteten in Berlin sowie dem Berliner Koalitionsvertrag 2023-2026 ableitende Auftrag des BNS zur Identifizierung von Antragstellenden mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme, die Ermittlung ihrer individuellen Bedarfe sowie ihre Beratung, kann mit den vorgesehenen Kürzungen nicht, jedenfalls nicht in gleichbleibender Qualität ausgeführt werden. Selbst bei einer gleichbleibenden Förderung müssten die BNS-Fachstellen mit einer inflationsbedingten, faktischen Kürzung umgehen und das Beratungsangebot entsprechend reduzieren.