Teures und bürokratisches Integrationshemmnis mit Ansage
Berliner Wohlfahrtsverbände fordern angemessene Bargeldauszahlung bei Einführung der Bezahlkarte
Die Landesverbände von Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie und Paritätischem Wohlfahrtsverband fordern den Berliner Senat einhellig auf: Die Bezahlkarte muss sich an den Regelsätzen des Asylbewerberleistungsgesetzes orientieren. Die erlaubte Bargeldauszahlung darf die Betroffenen nicht entmündigen und muss Teilhabe möglich machen. Dazu benötigt zum Beispiel ein Zwei-Personen Haushalt mindestens 184 EUR pro Person.
Andrea Asch, Diakonie-Vorständin und LIGA-Federführung: „50 Euro Taschengeld sind unwürdig und ausgrenzend. Wie soll eine junge geflüchtete Familie, die nach unserer Erfahrung ausschließlich auf Gebrauchtmärkten kauft, für diese Summe eine Babyausstattung und den dringend benötigten Kinderwagen finden? Wie soll ein Jugendlicher mit den ihm zustehenden 25 Euro im Monat seine sozialen Kontakte pflegen? Diese 50 Euro sind ein Integrationshemmnis mit Ansage und werden eine überbordende Bürokratie ohne jede sachliche Rechtfertigung nach sich ziehen. Das passt nicht zum Regierungsprogramm für eine schlanke Verwaltung und sparsame Haushaltsführung.”
Erste Erfahrungen aus dem Landkreis Märkisch-Oderland bestätigen die Befürchtungen der Berliner Wohlfahrtsverbände: Auf Basis von händisch in den Geflüchtetenunterkünften erstellten Listen müssen sämtliche Überweisungen und Daueraufträge behördlich geprüft und genehmigt werden. Die erhebliche Bearbeitungszeit führt zu Zahlungsrückständen, Mahnungen und Kündigungsandrohungen. Die monatlichen Barmittel reichen nicht für die Barzahlung notwendiger Einkäufe. Kartenlesegeräte sind dort, wo sie gebraucht werden, nicht vorhanden. Die Bezahlkarte ist in dieser Ausgestaltung also bislang kein Erfolgsmodell.
Aus Sicht der Verbände ist die Bezahlkarte unabhängig vom Auszahlungsbetrag bestenfalls eine Übergangslösung bis zur Einrichtung eines „Basiskontos“. Dazu genügt bei Asylsuchenden der Ankunftsnachweis und bei Geduldeten die Duldungsbescheinigung – ein geringer Verwaltungsaufwand mit positiven finanziellen Effekten für Asylbewerbende und Land: Ein Mobilfunkvertrag ist zum Beispiel regelmäßig wesentlich günstiger als Prepaid-Karten. Für einen möglichst sparsamen Umgang mit öffentlichen Finanzmitteln gibt das Land Berlin Geflüchteten so die Möglichkeit, günstigere Angebote wahrzunehmen.
Die Wohlfahrtsverbände fordern das Land Berlin auf, sich gemeinsam mit den Berliner Banken und Sparkassen für einen barrierearmen Zugang zu einem Basiskonto einzusetzen. Anstatt die Verwaltung und die Beratungsstellen mit dem “Freischalten” von Überweisungen zu beschäftigten, sollten diese Kräfte gebündelt werden, um Geflüchtete beim Zugang zu einem Basiskonto zu unterstützen. Dies wäre die bürokratieärmste und kostengünstigste Lösung für die Berliner Behörden.
Die Berliner Wohlfahrtsverbände teilen in Ihren öffentlichen Publikationen die Erfahrung aus dem Angebot von 90% aller Migrationsberatungsdienste sowie über 8.000 Unterkunftsplätzen für Geflüchtete im Land Berlin.
Pressekontakt
Sebastian Peters, Pressesprecher Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz / Federführung Liga Berlin | 030 820 97 110 | presse[at]dwbo.de