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  • Veröffentlichungsdatum 20.04.2023

Fazit zum Ende der Berliner Kältehilfesaison: Immer mehr Menschen mit psychischen Erkrankungen leben auf der Straße – spezialisierte Hilfsangebote dringend nötig

Pressemitteilung

© Der Paritätische

Nicht nur Streetworkerinnen und Streetworker berichten mit großer Sorge von einer zunehmenden Anzahl schwer erreichbarer obdachloser Menschen mit hohem Hilfebedarf, auch in den Einrichtungen der Kältehilfe wurde dies in den vergangenen Monaten deutlich. Für diese Menschen gibt es bislang keine adäquate Unterstützung oder Versorgung. Der Grund: die Hilfesysteme sind strikt getrennt. D.h., die sozialpsychiatrischen Dienste haben bisher keine Angebote, die auf die Bedarfe wohnungsloser Menschen zugeschnitten sind und in Notunterkünften für wohnungslose Menschen oder direkt auf der Straße gibt es bislang keine Angebote der psychiatrischen Versorgung.

Dazu die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin Prof. Dr. Gabriele Schlimper:

„Um die zunehmende Not der Menschen, die auf der Straße leben zu lindern, ist es wichtig, die engen Schranken der einzelnen Hilfesysteme zu überwinden und besser zusammenzuarbeiten. Wir fordern ein ineinandergreifendes Netzwerk aus psychiatrischer Hilfe, Sucht- und Wohnungslosenhilfe. Wir brauchen nicht nur mobile Teams, die über breitgefächerte Kompetenzen verfügen, sondern auch entsprechende Unterbringungsmöglichkeiten, die eine Behandlung und einen längerfristigen sicheren Aufenthalt ermöglichen. Dazu gehören u.a. Housing First und sogenannte 24/7 Projekte. Zudem muss es mehr Angebote geben, an denen die betroffenen Menschen an einem Ort verlässliche medizinische und soziale Unterstützung erhalten.“

Das Leben auf der Straße ist nicht nur eine körperliche, sondern auch eine enorme seelische Belastung. Wer kein Obdach hat, kann sich nicht zurückziehen, sich ausruhen und erholen. Laut einer internationalen Studie* sind 76,2 % der Menschen mit Lebensmittelpunkt auf der Straße von psychischen Erkrankungen, wie Suchterkrankungen, Depressionen oder Angststörungen betroffen. Damit sind seelische Störungen bei Wohnungslosen dreimal so häufig ausgeprägt wie bei Menschen mit fester Unterkunft.

Schätzungen zufolge leben in Berlin zwischen 2.000 und 6.000 Menschen mit Lebensmittelpunkt auf der Straße. Um diese Menschen vor dem Erfrieren zu schützen, gibt es die Berliner Kältehilfe. Kirchengemeinden, Wohlfahrtsverbände, soziale Träger und Hilfsorganisationen stellen in Kooperationen mit den Bezirken in der Zeit von Oktober bis Ende April Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung.

 

*Gutwinski S, Schreiter S, Deutscher K, Fazel S. The prevalence of mental disorders among homeless people in high-income countries: An updated systematic review and meta-regression analysis. PLOS Medicine. 2021;18(8):e1003750. doi: 10.1371/journal.pmed.1003750.

 

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