„Im Mittelhof soll eine Stätte geschaffen werden, in der müde gewordene anregungsbedürftige Menschen im Geiste echter Freundschaft und Versöhnung und in nachbarschaftlicher Hilfe zusammenarbeiten. Sie sollen an Körper und Geist gestärkt zu ihren täglichen Aufgaben zurückkehren. In einer Zeit der vollständigen Auflösung kann der Einzelne ohne die Erfahrungen seiner Mitmenschen nicht leben. Deshalb soll in allen Zweigen der Arbeit des Heimes, ob in Werkstätten, in Diskussionen oder in der Kinderarbeit, der Geist gegenseitiger Hilfe herrschen.“

Diese Zeilen stammen aus der Präambel eines Gründungsdokumentes des Mittelhof e.V., das auf den 12. Juni 1947 datiert ist.

Heute, 75 Jahre nachdem diese Zeilen verfasst wurden, geht die Arbeit des Mittelhof e.V. weit über die „Stätte“ Stadtteilzentrum Villa Mittelhof hinaus. Heute trägt der Mittelhof e.V. in den „Zweigen“ der Organisation Verantwortung für Kindertagesstätten, Jugendfreizeiteinrichtungen und Familienzentren. Sie kooperieren mit einer Vielzahl von Schulen im Grundschul- und Sekundarbereich. Sie bieten Beratung und Begegnung für zugewanderte Menschen und pflegende Angehörige, sie begleiten Selbsthilfegruppen, organisieren Nachbarschaftshilfe und genießen die Vielzahl an kommunikativen Momenten mit allen Generationen in den Einrichtungen und Projekten im Mittelhof e.V. Und dennoch, um beim Bild mit den „Zweigen“ zu bleiben, ist das Stadtteilzentrum Villa Mittelhof der Stamm aus dem alles entsprungen ist und auch heute noch entspringt. Jede Einrichtung, jedes Projekt, jeder Arbeitsbereich basiert auf dem Ursprungsgedanken und der Gründungsphilosophie des Mittelhof.

In den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg kamen Freiwillige aus der ganzen Welt in den Mittelhof und haben gemeinsam mit den Menschen aus dem Bezirk an der Aufarbeitung des Nationalsozialismus gearbeitet, Unterstützung geleistet und Gemeinschaft gestiftet. Ganz praktisch mit einer Näh- und Schuhwerkstatt, mit einem Mittagstisch und Renovierungsaktionen. Aber auch auf der Ebene der politischen Bildung wurden Diskussions- und Informationsveranstaltungen zum demokratischen Leben durchgeführt. Grundsatz der Arbeit damals war „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu leisten um durch das Erleben von Selbstwirksamkeit das Bewusstsein einer demokratischen Gesellschaft zu stärken. Wer sich als handlungsfähig empfindet, hat weniger Sehnsucht nach autoritärer Führung – so die Annahme.

Diese Annahme teilt der Mittelhof e.V. auch heute noch und bietet den Bürger:innen in Steglitz-Zehlendorf an, sich unter dem Dach des Mittelhof e.V. für die eigenen oder die Belange anderer zu engagieren. Tatsächlich nutzen verschiedene Vereine, Initiativen, Interessensgruppen auch unabhängig von konkreten Angeboten vom Mittelhof e.V. diesen Raum für ihr Engagement. Viele weitere Bürger:innen gestalten als ehrenamtliche Kolleg:innen gemeinsam mit den hauptamtlichen Kolleg:innen den Alltag in Kitas, Schulen, Nachbarschaftseinrichtungen und an vielen weiteren Orten in Steglitz-Zehlendorf.

Auch der „Heimatbezirk“ ist bis heute Teil des roten Fadens und der Mittelhof Teil dieses Bezirks. Immer wieder wird angefragt, ob der Mittelhof e.V. Verantwortung für Einrichtungen und Projekte auch in anderen Bezirken übernehmen möchte. Das möchten sie nicht. Warum? Stadtteilarbeit lebt von Beziehungen, sie lebt davon, dass man sich begegnet. Nachbarschaftliche Hilfe gelingt nur, wenn man sich kennt und vertraut. Das gilt für Personen, aber eben auch für Organisationen wie den Mittelhof e.V. Sie sind seit 75 Jahren eine Organisation in, für und mit Steglitz-Zehlendorf und darauf sind sie auch ein bisschen stolz.

Ganz praktisch zieht sich der rote Faden in der Arbeit des Stadtteilzentrums bis heute durch: Weiterhin gibt es eine Nähwerkstatt, seit neuestem wird neben der Fahrradwerkstatt auch im Repair-Café (fast) alles repariert und die relativ frisch gestartete Nachbarschaftshilfe kann die Anfragen kaum bewältigen.

So werden sie auch in der Zukunft nicht vergessen woher sie kommen und werden versuchen, trotz der gelegentlichen Regelungswut im Berliner Behördendschungel, die flexible und bedarfsorientierte Organisation zu bleiben, die sich vor 75 Jahren auf den Weg gemacht hat den Menschen in Steglitz-Zehlendorf ein Ort zu sein, der sie „stärkt an Körper und Geist“.

Bis bald im Mittelhof e.V.!

… zum Beispiel auf dem Sommerfest des Stadtteilzentrums am 2. September 2022. Dort wollen wir den Mittelhof e.V. gemeinsam mit Ihnen hochleben lassen.