Trägerversammlung zur Weiterentwicklung des Berliner Rahmenvertrages Jugendhilfe (BRV Jug)
Am 22. August haben sich Jugendhilfeträger der Berliner Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege mit Vertreterinnen und Vertretern der Senatsjugendverwaltung getroffen. Anlass des Austausches war die Weiterentwicklung des Berliner Rahmenvertrages Jugendhilfe (BRV Jug).
Im SO36 in Kreuzberg fand erstmals eine Trägerversammlung statt mit Trägern des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes LV Berlin e.V., der Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin e.V., des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e.V., des Diakonisches Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. sowie des DRK Landesverbandes Berliner Rotes Kreuz e.V. Bei der Versammlung wurden die Verhandlungsergebnisse vorgestellt, die bei der Weiterentwicklung des Berliner Rahmenvertrages Jugend erzielt wurden. Hierzu haben die Wohlfahrtsverbände und die Senatsjugendverwaltung ihre Präsentationen vorgestellt.
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion hatten die Träger Gelegenheit, Fragen zu stellen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Jens-Uwe Scharf (Caritas). Es ist geplant, ein solches Austauschtreffen künftig einmal im Jahr durchzuführen.
Berliner Rahmenvertrag Jugendhilfe als Verhandlungsgrundlage
Der Berliner Rahmenvertrag Jugendhilfe ist die Grundlage für die Aushandlung der Leistungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarungen der freien Träger mit dem Senat. Erstmals seit 2006 wurde der Vertragstext in Teilen weiterentwickelt. Dies ist wichtig, um den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen gerecht zu werden: Seit Jahren steigen die Fallzahlen in der Kinder- und Jugendhilfe an. Die Ausgaben pro Fall haben sich in den Hilfen zur Erziehung im Zeitraum 2006-2020 jedoch nicht kohärent zu den Fallzahlensteigerungen entwickelt; hier bestehen also Nachholdefizite.
Ergebnisse der Verhandlungen zum BRV Jug
Seit über zwei Jahren haben Vertreterinnen und Vertretern der Wohlfahrtsverbände und der Senat den Vertragstext des BRV Jug neu verhandelt. Kerstin Stappenbeck, Leiterin der Abteilung Jugend in der Senatsjugendverwaltung, und Andrea Buch, Referatsleiterin Hilfen zur Erziehung der Senatsjugendverwaltung, haben die Verhandlungsergebnisse auf der Trägerversammlung vorgestellt. Diese betreffen zum einen die Finanzierungsstruktur: So wurden etwa die Bestandteile des Leistungsentgeltes, das die Senatsverwaltung an die Träger der freien Jugendhilfe zahlt, neu definiert.
Zum anderen wurden Veränderungen bezüglich der Qualitätsentwicklung erzielt: Es sollen gemeinsame Standards zu Aufnahme- und Entlassungsverfahren erarbeitet werden. Zudem ist geplant, pro Bezirk eine Kriseneinrichtung für Kinder und eine für Jugendliche mit Aufnahmeverpflichtung einzurichten.
Ein weiteres Anliegen der freien Träger war die Flexibilisierung von Hilfen, insbesondere in besonders komplexen Fällen. Hier wurden die Möglichkeiten der freien Träger konkretisiert, Einzelfallverträge mit den örtlichen Jugendämtern oder sogenannte „Unikatverträge“ mit der Senatsjugendverwaltung abzuschließen. Volker Stock (Diakonie) betonte, dass individuelle Lösungen bei der Angebotsgestaltung der freien Träger insbesondere nach der Weiterentwicklung des BRV Jug möglich seien.
Aktuelle Handlungsbedarfe in der Berliner Kinder- und Jugendhilfe
Die Jugendhilfereferentinnen und -referenten der Wohlfahrtsverbände zeigten darüber hinaus weitere Handlungsbedarfe auf:
Angesichts des Fachkräftemangels muss die Attraktivität des Berufsfeldes verbessert werden. Dies könne unter anderem über einen besseren Personalschlüssel, Finanzierung der Ausbildungsstrukturen, Bezahlung der Praktikantenvergütung und über die Bereitstellung und Finanzierung von Fort- und Weiterbildungsangeboten für Quereinsteigende geschehen.
Zudem stellen die steigenden Energie- und Lebenserhaltungskosten eine Herausforderung für die Träger dar. Anna Zagidullin (Paritätischer Wohlfahrtsverband) stellte klar, dass die vom Senat in Aussicht gestellte Energiekostenpauschale nur temporär die hohen Energiekosten abfedert. Die hohen Preise bleiben allerdings langfristig bestehen. Die exorbitant gestiegenen Lebensmittelpreise werden derzeit noch gar nicht bedacht. Für die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise müsse eine Lösung über die Entgeltfortschreibung bzw. über den tatsächlichen Inflationsausgleich gefunden werden, wie etwa im schulischen Bereich oder im KiTa-Bereich.
Ein weiteres Anliegen der freien Jugendhilfe sind die unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, die aktuell in großer Zahl in Berlin ankommen. Für deren Unterbringung soll laut Abteilungsleiterin Stappenbeck eine Stärkung des Regelsystems erfolgen.