Statement der LIGA Berlin zu aktuellen Entwicklungen um den Haushaltsentwurf 2024/25
Die Kuh ist noch nicht vom Eis
Wir haben in den letzten Wochen erfolgreich gezeigt, dass die Stimme unserer 180.000 Haupt- und Ehrenamtlichen im Land Berlin etwas zählt! Für sie haben wir gemeinsam mit Landes- und
Bezirkspolitik, Gewerkschaften, Sozial - und Jugendverbänden deutlich gemacht, dass die realen Kürzungsszenarien für soziale Hilfen hochgefährlich sind. Ohne uns geht es nicht.
Wir freuen uns, dass unsere Kritik auf offene Ohren gestoßen ist. Insbesondere die Sozial-, Bildungs- und Jugendverwaltungen haben sich intensiv für unsere Belange eingesetzt. Die Informationen zum Haushaltsentwurf lassen erkennen, dass soziale Angebote - ob Wohnungslosenhilfe, Kita oder Sozialberatung - als selbstverständlich anerkannt und zumindest eine Grundsicherung des sozialen Berlins nicht in Frage gestellt wird. Die Kuh ist aber damit längst nicht vom Eis.
Wir stellen in Berlin bis zu 70 % der sozialen Angebote. Unsere Mitarbeitenden sichern diese Angebote sowohl in der Quantität als auch in der Qualität. Seit Jahren verdienen sie jedoch teils deutlich weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst. Ein Ende dieser Ungleichbehandlung von Mitarbeitenden bei Freien Trägern und in öffentlichen Einrichtungen ist auch mit dem aktuellen Haushaltsentwurf nicht gesichert. Bei der Bezahlung der Mitarbeitenden sind Freie Träger auf die Refinanzierung durch die öffentliche Hand angewiesen. Diese lässt sich zum derzeitigen Stand im Haushaltsentwurf nicht erkennen. Hier wurde seitens des Senats eine Konkurrenzsituation künstlich geschaffen, die vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels das Potential hat, die soziale Infrastruktur in Berlin massiv zu schädigen. Sollte die Ankündigung, die Gehälter im öffentlichen Dienst auf Bundesniveau zu heben, nicht auch für Freie Träger gelten, wird das diesen Prozess deutlich beschleunigen. Im Interesse der gesamten Berliner Stadtgesellschaft muss hier im Rahmen der Haushaltsverhandlungen im Abgeordnetenhaus nachgebessert werden.
Gleichzeitig kann es nicht sein, dass dringend nötige soziale Projekte ihr Fortbestehen jedes Jahr neu beantragen müssen. Das gefährdet die Existenz dieser sozialen Angebote und produziert einen hohen vermeidbaren bürokratischen Aufwand. Wer nie weiß, ob er im nächsten Jahr weiter als Streetworker:in, in der Wohnungslosenhilfe oder als Schuldnerberater:in in einem finanzschwachen
Umfeld tätig sein „darf“, fühlt sich nicht wertgeschätzt. Die Arbeitsplätze bleiben nun voraussichtlich erhalten, aber an der prekären, kurzfristigen Finanzierung unserer Einrichtungen und Initiativen ändert sich nichts. Wenn das Geld durch den Bürokratiedschungel des Berliner Zuwendungs- und Sondervermögensrechts überhaupt ankommt. So konnten die im Gipfel gegen Jugendgewalt geplanten Projekte zur Stärkung der Jugendarbeitsstrukturen nicht begonnen werden, weil die Haushaltsmittel noch immer nicht freigegeben sind.
Jetzt kommt es darauf an, die Zusagen aus dem Haushaltsentwurf in den einzelnen Haushaltspositionen wiederzufinden.
Wir freuen uns über die hohe Gesprächsbereitschaft aus der Sozial-, Jugend- und Bildungsverwaltung. Wir werden das Angebot eines regelhaften und offenen Austauschs gerne nutzen.
Im September wird verhandelt und unsere Stimme wird vernehmbar bleiben.
Hintergrund: LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege
In der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege haben sich in Berlin das Diakonische
Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (Federführung 2023/24), der Caritasverband für das
Erzbistum Berlin, die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Landesverband Berlin, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin, der DRK Landesverband Berliner Rotes Kreuz sowie die Jüdische Gemeinde zu Berlin zusammengeschlossen. In den sozialen Einrichtungen, Diensten und Projekten der LIGA sind in Berlin rund 107.000 hauptamtliche und etwa 53.000 ehrenamtliche Mitarbeitende tätig.
Rund 150.000 Menschen sind zusätzlich persönliche Mitglieder in den Verbänden der LIGA Berlin, die
wiederum ca. 1.200 Initiativen und Träger vertreten.