Offener Brief gegen die drohenden Kürzungen und unsichere Finanzierung im Bereich Integration und Partizipation im Bezirk Mitte
Forderung nach stabiler und sicherer Finanzierung für Angebote der Integration und Teilhabe
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Kai Wegner, sehr geehrter Herr Bürgermeister und Senator Stefan Evers, sehr geehrte Frau Senatorin Cansel Kiziltepe, sehr geehrte Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration Frau Katarina Niewiedzial, sehr geehrte Staatssekretär*innen, sehr geehrte Frau Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger, sehr geehrte Bezirksbeauftragte für Partzipation und Integration Johanna Kösters, sehr geehrte Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses, sehr geehrte Bezirksverordnete aus Berlin-Mitte, sehr geehrte Damen und Herren,
die Kolleg*innen aus dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe im Bezirk Mitte haben sich bereits mit ihren Forderungen an Sie gewandt. Wir, Projekte und Vereine mit dem Schwerpunkt Integration und Partizipation im Bezirk Mitte und Unterstützer*innen, schließen uns solidarisch den Forderungen der Kolleg*innen an und weisen gleichzeitig mit diesem Brief auf die weiteren drohenden umfangreichen Kürzungen in unserem Arbeitsbereich hin. Die Kürzungen im sozialen Bereich in Mitte sind ein massiver Angriff auf ein würdevolles Zusammenleben der Menschen im Bezirk – und zielen letztendlich auf eine weitere Verschlechterung der Lebenssituationen derjenigen Menschen, die von den Folgen aktueller gesellschaftlicher Krisen besonders betroffen sind.
Am 28.11.2023 wurde in der 101./VI Sitzung des Bezirksamtes Mitte von Berlin die Mittelverteilung des Integrationsfonds in 2024 beschlossen. Im Vergleich mit dem Jahr 2023 wurde der Integrationsfonds um 200.944 Euro gekürzt. Weiterhin wurden die Gelder aus dem Aktionsplan Ukraine 2022 komplett eingestellt, sodass es insgesamt zu einer Kürzung von 309.277 Euro für die angegliederten Projekte kommen soll.
In der Folge wurden die Mittel von 47 Projekten massiv gekürzt (zwischen 10% und 25%). Bei mehreren Projekten wurde die Finanzierung komplett eingestellt, obwohl aufgrund der steigenden Nachfrage statt Kürzungen und Streichungen bei vielen Projekten eher eine Aufstockung zwingend notwendig wäre.
Die Projekte, die aus dem Integrationsfonds Mitte finanziert werden, leisten einen zentralen Beitrag für die Integration von Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrungen – und damit auch für eine solidarische und vielfältige Zivilgesellschaft in Berlin-Mitte. Die Kürzungen betreffen besonders Projekte, die eine grundständige Beratung und Orientierung im Sozial-, Hilfe- und Bildungssystem Berlins anbieten. So werden vor allem die Ausstattung niedrigschwelliger Projekte der Sozialberatungen, Obdachlosenhilfe, Angebote zum Spracherwerb, soziale und kulturelle Anbindung im Bezirk und Unterstützungen zum Übergang in Ausbildung und Beruf für geflüchtete Menschen gekürzt.
Ebenso – und besonders auch in Kombination – mit den Kürzungen im Kinder- und Jugendhilfebereich werden so existentielle Grundlagen für ein Leben in Würde und sozialer Sicherheit für Familien und Kinder, für die Ermöglichung von Teilhabe und Partizipation und für eine inklusive Gesellschaft gefährdet. Tragende Netzwerke der sozialen Infrastruktur von Berlin-Mitte werden angegriffen.
Angesichts des aktuellen Personalmangels in Verwaltung, im Bildungs- und Gesundheitssystems u. v. m. ist es unverantwortlich, wenn die Finanzierung von Projekten gekürzt werden, die mit ihrer umfangreichen, flexiblen und sozialraumorientierten Arbeit letztendlich auch als Puffer für die Überlastung staatlicher Systeme fungieren. Wir kritisieren diese Pufferfunktion und sprechen uns gleichzeitig gegen die anstehenden Kürzungen aus.
Die Kürzungen, die nur mit Personalabbau zu bewältigen sind, führen zu einer weiteren Mehrbelastung und Verunsicherung der beruflichen Zukunft für uns Beschäftigte in den Projekten – und damit zu einer Verschlechterung der Qualität unserer Arbeit.
Mittlerweile würden Möglichkeiten der Aufstockungen vielleicht in Aussicht gestellt; weiterhin bleibt aber unklar, inwiefern, wann, in welchem Umfang und mit welcher Verteilung weitere Mittel fließen sollen.
Die Projekte können unter den Bedingungen keine Mehrmittel einkalkulieren, was dazu führt, dass wir unsere Angebote einschränken oder einstellen müssen.
Angesichts aktueller sozialer Krisen, der Gefahr einer voranschreitenden gesellschaftlichen Spaltung und eines drohenden Rechtsrucks und Rassismus, sind wir entsetzt über die Entscheidungen der Kürzungen im Bereich der Integration und Partizipation.
Wir brauchen eine solidarische Stadtgesellschaft, in der Angebote zur Integration und Teilhabe eine stabile und sichere Finanzierung erhalten - um den sozialen Frieden der Stadt zu wahren und geflüchteten Menschen eine Perspektive zum Ankommen in Berlin-Mitte zu bieten;
Wir brauchen eine solidarische Stadtgesellschaft, in der nicht immer weiter Sozialabbau betrieben wird und qualitativ hochwertige Sozialarbeit immer weiter bedroht wird.
Wir fordern von Ihnen als Verantwortliche, sich für eine uneingeschränkte Sicherstellung und Rücknahme der Kürzungen der aktuellen Projekte einzusetzen.
Wir fordern von Ihnen als Verantwortliche, sich für einen zeitnahen Ausbau der Angebote einzusetzen.
Wir fordern stabile und sichere Finanzierungen für Angebote der Integration und Teilhabe.
Wir erwarten, dass die Verantwortlichkeiten dabei nicht von der Landes- und Bezirksebene „hin und her“ geschoben, sondern gemeinsam Lösungen gefunden werden!
Wir stehen dabei Seite an Seite als Projekte, Vereine und Träger mit Anbindung an den Integrationsfond Mitte, Seite an Seite mit solidarischen Unterstützer*innen und Seite an Seite mit den Kolleg*innen aus der Kinder- und Jugendhilfe im Bezirk Mitte, die ebenfalls von Kürzungen bedroht (waren).
- Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS)
- Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Geflüchtete und Migrant:innen (BBZ)
- CommUnities Support for BIPoC Refugees Ukraine (CUSBU)
- InterAktiv e.V.
- Jugendberatungshaus compass.mitte / GET ACCESS /Aufsuchende Beratung für junge Geflüchtete
- Komm Mit – Für Geflüchtete und Migrant:innen e.V.
- MINA-Leben in Vielfalt e.V.
- Mingru Jipen
- Psychosoziale Initiative Moabit (PIM)
- Psychosoziales Zentrum für Geflüchtete im Land Brandenburg (PSZ)
- SOS-Kinderdorf Berlin-Mitte