Serie: Bezahlbare Wohn- und Gewerbemieten sichern ein soziales Berlin! Wie das gelingen kann, zeigen Modellprojekte und Kooperationen von Mitgliedern des Paritätischen Berlin.

Heute: Von Kita, über Wohnungen und Gastronomie bis zur Pflege-WG – Schwulenberatung gGbmH schafft Lebensort für LSBTI*

In unserer Arbeit stellen wir fest, dass die Frage nach dem „Wohnen im Alter“ eine zentrale Sorge insbesondere älterer schwuler, lesbischer und Trans* Menschen ist. Viele fürchten den Umzug in ein herkömmliches Altersheim, den sie mit einem Verlust ihrer bisherigen Lebensweise beziehungsweise sexuellen Identität assoziieren. Das Problem ist uns lange bekannt und wir haben daraus ein Konzept entwickelt.

2012 konnten wir den Lebensort Vielfalt in Charlottenburg eröffnen. 24 Wohnungen und eine Pflege-WG. Das Vorhaben hat europaweit viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, dadurch stieg auch die Anzahl der Interessent*innen rasant. Die Suche nach weiteren Möglichkeiten gestaltete sich als sehr schwierig. Letztlich haben wir uns an einem Konzeptverfahren des Landes Berlin beteiligt. Das sehr komplexe und auch fehlerhafte Verfahren ermöglichte sozialen Trägern zwar sich mit ihrem Vorhaben zu bewerben, verstärkte aber leider auch den Konkurrenzdruck untereinander. Dies hatte auf die Kooperation der Träger im LSBTI*-Bereich negative Auswirkungen.

Mit dem Lebensort Vielfalt am Südkreuz soll ein sichtbares Zeichen für Toleranz und Integration entstehen. Hier sollen circa 100 LSBTI* einen Ort finden an dem sie ohne Angst vor Ausgrenzung aufgrund der sexuellen und geschlechtlichen Identität leben können. Direkt am S-Bahnhof Südkreuz bauen zwei private Träger, eine Genossenschaft, eine Wohnungsbaugesellschaft und die Schwulenberatung Berlin.

Wir bauen hier als sozialer Träger 69 Wohnungen, davon 33 Wohnberechtigungsschein-geförderte. Ebenfalls sollen eine Pflege-Wohngemeinschaft mit acht Plätzen sowie zwei therapeutische Wohngemeinschaften mit zehn Plätzen verwirklicht werden. Es gibt eine Beschäftigungstagesstätte für LSBTI* mit psychischen Beeinträchtigungen, Büro- und Beratungsräume für die Schwulenberatung Berlin und einen Kiezraum mit angeschlossener Gastronomie. Darüber hinaus werden wir dort auch eine Kindertagesstätte für 45 Kinder betreiben. Mit der Kita betreten wir Neuland, hoffen aber, damit Vorurteile abbauen zu können und längerfristig LSBTI* als selbstverständlichen Teil der Gesellschaft sichtbarer zu machen.

Im Haus soll nachbarschaftliches Miteinander unterstützt werden. Es gibt einen großen Gemeinschaftsraum und Freiflächen. So sollen ehrenamtliche und professionelle Strukturen entstehen, die das gemeinschaftliche Leben fördern können. Ebenso ist ein Projekt geplant, welches den Kontakt zwischen Pflege-WG und Kita koordiniert. Letztlich wird die Schwulenberatung Berlin dort auch ihren Hauptsitz haben.

Der erste Spatenstich erfolgte im September 2020 unter Beteiligung unter anderem von Michael Müller als Regierendem Bürgermeister von Berlin. Fertigstellung soll im Dezember 2022 sein. Die Baukosten betragen circa 25 Millionen Euro.

Natürlich ist ein derart großes Projekt nur mit viel Unterstützung zu verwirklichen. Wir sind daher sehr froh, dass wir neben Krediten der Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, und der Bank für Sozialwirtschaft auch einige Stiftungen und private Spender gefunden haben, die das Projekt unterstützen. Für die Community entsteht so ein weiterer Ort an dem LSBTI* Unterstützung und Hilfe bekommen können und an dem sie sich nicht erklären müssen.

Der Lebensort Vielfalt am Südkreuz wird dazu beitragen, dass Berlin sich als offene und tolerante Stadt zeigt, in der Minderheiten unterstützt werden.

Marcel de Groot, Schwulenberatung Berlin gGmbH