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  • Veröffentlichungsdatum 05.09.2022

Bericht Dialogforum "Geflüchtete in der Jugendhilfe"

Staatssekretär Aziz Bozkurt und Abteilungsleiterin Kerstin Stappenbeck beim Dialogforum „Geflüchtete in der Jugendhilfe“ © Julia Mann (Paritätische Akademie)

Die Paritätischen Träger, die mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten (UMG) arbeiten, haben sich am 30. August in den Räumlichkeiten der Paritätischen Akademie zum Dialogforum „Geflüchtete in der Jugendhilfe“ getroffen. Zu Gast waren Aziz Bozkurt, Staatssekretär für Jugend, Familie und Schuldigitalisierung, und Kerstin Stappenbeck, Abteilungsleiterin Jugend und Kinderschutz aus der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.

Platzausbau in der Jugendhilfe nötig, um UMG unterzubringen

Die Situation in der Kinder- und Jugendhilfe spitzt sich seit März 2022 zu: Derzeit kommen rund acht bis zehn unbegleitete minderjährige Geflüchtete pro Tag in Berlin an. Es ist anzunehmen, dass sich ihre Zahl in den nächsten Jahren auf diesem Niveau stabilisiert. Die überwiegende Mehrheit dieser Kinder und Jugendlichen muss in den stationären Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht werden. Staatssekretär Bozkurt betonte, dass die öffentliche und die freie Jugendhilfe hier Hand in Hand arbeiten müssen, um dieser Herausforderung gerecht zu werden.

Um die Kinder und Jugendlichen aufnehmen zu können, ist ein schneller Platzausbau in der stationären Jugendhilfe erforderlich. Die Senatsjugendverwaltung rief die Träger der freien Jugendhilfe daher ausdrücklich dazu auf, ihre Angebote für unbegleitete minderjährige Geflüchtete aufzustocken.

Im gemeinsamen Austausch kamen aber auch Probleme zur Sprache, die dem schnellen Ausbau der Angebote im Wege sehen und die Fachkräfte vor Herausforderungen stellen bei dem Versuch, den jungen Menschen auf lange Sicht echte Perspektiven zu bieten:

Fachkräftemangel und Wohnungsnot in der stationären Jugendhilfe

Der Fachkräftemangel in der Jugendhilfe ist auch in der Arbeit mit jungen Geflüchteten zu spüren. Außerdem finden soziale Einrichtungen immer schwerer Räumlichkeiten innerhalb Berlins, in denen sie ihre Angebote umsetzen können. Ein Ausbau an Kooperationen – beispielsweise der bezirklichen Jugendämter mit Wohnungsbaugesellschaften – sei an dieser Stelle wünschenswert. Zudem benötigen auch die Fachkräfte bezahlbaren Wohnraum in Berlin.

Übergangsschwierigkeiten müssen abgefedert werden

Die Träger verdeutlichten weiterhin, dass insbesondere junge Geflüchtete, die an der Schwelle zur Selbstständigkeit stehen, von der Wohnungsknappheit betroffen sind: Es sei für sie quasi unmöglich, eine eigene Wohnung zu finden. Dem entgegen stehe das Bestreben mancher bezirklichen Jugendämter, die jungen Menschen nach Erreichen des 18. Lebensjahres möglichst schnell aus der Jugendhilfe zu entlassen – selbst, wenn aus pädagogischer Sicht noch Hilfebedarf besteht.

Die Träger berichten von großem Stress, die bei den jungen Volljährigen dadurch entsteht, dass einige Jugendämter die Hilfen nach Erreichen des 18. Lebensjahres trotz pädagogischem Bedarf nur jeweils um drei Monate verlängern. Abteilungsleiterin Stappenbeck betonte, dass diese Praxis rechtswidrig sei und so nicht aus der Ausführungsvorschrift der Senatsjugendverwaltung über die Gewährung von Jugendhilfe hervorgehe.  

UMG müssen besser in der Jugendberufshilfe ankommen

Die Träger sprachen sich des Weiteren für eine zentrale Freiplatzbörse für die Angebote der Jugendberufshilfe aus – geeignete Angebote seien derzeit oft schlicht nicht bekannt. Zudem benötigen junge Menschen mit Fluchterfahrung Unterstützung beim Spracherwerb und bei der Prüfungsvorbereitung.

Darüber hinaus müssen während der Zeit der Berufsvorbereitung und -orientierung auch psychosoziale Aspekte mitberücksichtigt werden, damit der Einstieg in das Berufsleben gut gelingt. Es müsse daher möglich sein, die Dauer von Bildungsmaßnahmen mit sozialpädagogischer Begleitung zu verlängern und mit bedarfsgerechten Unterstützungsmaßnahmen zu ergänzen. Abteilungsleiterin Stappenbeck sagte zu, in den neu geplanten Ausführungsvorschriften für die Leistungen der Jugendberufshilfe entsprechende Regelungen zur Bewilligungspraxis so zu präzisieren, dass den jungen Menschen bedarfsgerechte Hilfeleistungen mit hinreichender zeitlicher Perspektive gewährt werden.

Finanzierung für Netzwerk Vormundschaften sichern

Der Staatssekretär signalisierte, sich für die Finanzierung der Träger einzusetzen, die Vereinsvormundschaften und ehrenamtliche Vormundschaften für UMG anbieten. Diese Finanzierung ist derzeit ab Januar 2023 noch nicht im benötigten Umfang gesichert. Die Paritätischen Träger berichten, dass die Bereitschaft in der Zivilgesellschaft, eine ehrenamtliche Vormundschaft zu übernehmen, in diesem Jahr stark gestiegen sei. Unter anderem um diese ehrenamtlichen Kräfte anzuleiten und um bestehende Vormundschaften zu erhalten, ist eine gesicherte Finanzierung im Jahr 2023 nötig.

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