Was uns bewegt
Seit dem 1. Oktober hat der Finanzsenator in Abstimmung mit den Spitzen aus CDU und SPD jegliches Verwaltungshandeln, das im Zusammenhang mit der Bewilligung von Zuwendungsbescheiden und dem Abschluss von Zuwendungsverträgen oder Zuschüssen steht, für das Haushaltsjahr 2025 untersagt. Es ist nicht neu, dass in Berlin in Millionenhöhe gespart werden muss. Neu ist, dass es jetzt ganz konkret die freien Träger trifft: die sogenannten Zuwendungsprojekte und damit die, die sowieso schon immer jedes Jahr um ihre Finanzierung kämpfen müssen.
Es setzt sich fort, was wir seit Monaten erleben, aber immer wieder seitens der Regierungskoalition bestritten wird: die Verunsicherung der freien Träger und mangelnde Wertschätzung für die Arbeit der Mitarbeitenden. Offiziell sind alle politisch Verantwortlichen, auch in SPD und CDU, immer wieder ausdrücklich „gegen einen sozialen Kahlschlag“, gegen „Kürzungen im sozialen Bereich“, loben das zivilgesellschaftliche Engagement usw.
Gleichzeitig wird die Hauptstadtzulage den Mitarbeitenden freier Träger immer noch verwehrt, die Verhandlungen zum Berliner Rahmenvertrag für die Eingliederungshilfe stocken, es wird von 3.000 Beratungsstellen geredet, die auf den Prüfstand müssten oder von Fallkosten, die abgesenkt werden sollen, weil sie angeblich über dem Bundesdurchschnitt liegen würden. Nun untersagt der Finanzsenator die Bewilligung von Zuwendungsbescheiden für 2025.
Jedes Angebot, das zurückgefahren wird, öffnet die Tür für Populistinnen und Populisten.
Wir als Verband sind klar in unserer Analyse und auch in unserem Handeln. Wer bei der Sozialen Arbeit kürzt, streicht Angebote und Leistungen für die Berlinerinnen und Berliner! Soziale Angebote unterstützen Menschen. Sie schaffen Vertrauen in eine solidarische Gesellschaft, Vertrauen in ein soziales Miteinander, wie wir es gerade jetzt brauchen. Soziale Projekte stabilisieren die Demokratie. Jedes Angebot, das zurückgefahren wird, öffnet die Tür für Populistinnen und Populisten.
Wir machen uns seit Wochen, ja Monaten immer wieder stark für den Erhalt aller sozialen Projekte, Beratungsstellen, Betreuungseinrichtungen, Hilfsangebote und Begegnungsstätten, um nur einige zu nennen. Wir gehen in Talkshows, führen Hintergrundgespräche, schreiben und veröffentlichen Stellungnahmen, geben Interviews. Wir haben Ideen, wie Kosten stabilisiert werden können, z.B. durch die Einführung eines Budgets in der sozialen Psychiatrie. Wir haben dem Land Berlin auch vorgeschlagen, Instrumente zu entwickeln, die zeigen, wie wirksam einzelne Maßnahmen sind, um eine bestmögliche Versorgung von Menschen bei begrenzten Ressourcen zu sichern. Wir fordern seit Jahren eine gesamtstädtische Bedarfsplanung für den sozialen Bereich, damit wir Hilfe und Unterstützung gezielt einsetzen können. Und wir bleiben weiterhin bei unserem Angebot zum Dialog.
Aber wir sagen auch ganz klar: Wenn die gewählten Abgeordneten und politisch Verantwortlichen entscheiden, Gelder im sozialen Bereich zu streichen, dann ist es auch deren Aufgabe und Pflicht öffentlich dazu zu stehen, an welcher Stelle gekürzt wird und was das für die Berlinerinnen und Berliner bedeutet. Das gehört dann dazu.
Nun etwas Positives.
Auch in diesem Jahr haben wir wieder mit dem Tagesspiegel die Gemeinsame Sache – Berliner Freiwilligentage durchgeführt. Viele Berlinerinnen und Berliner haben sich an den über 220 Mitmachaktionen beteiligt. Sie haben bei einem Fest für Wohnungslose mitgemacht, im Gemeinschaftsgarten gearbeitet oder Stolpersteine geputzt. Die Berliner Freiwilligentage lenken die Aufmerksamkeit auf die vielen tausend Ehrenamtlichen, die in dieser Stadt jeden Tag etwas für andere tun. Sie zeigen, dass es wichtig ist und auch Spannungen und Vorurteile abbaut, wenn sich Menschen begegnen und kennenlernen. Das schützt und stärkt unsere Demokratie. Aufgabe der politisch Verantwortlichen ist es, dafür gute Rahmenbedingungen zu schaffen.
Gerade haben wir „Wohnraum in Not“, eine Studie zu Trägerwohnungen sozialer Organisationen in unserem Verband, veröffentlicht. Die Untersuchung stützt sich auf umfangreiche Befragungen unserer Mitgliedsorganisationen und liefert detaillierte Einblicke in deren Trägerwohnraumsituation. An dieser Stelle mein herzlicher Dank an alle Mitgliedsorganisationen, die uns dabei unterstützt haben. Seit der letzten Befragung im Jahr 2017 haben sich die Probleme verschärft. Der angespannte Wohnungsmarkt und steigende Mietpreise haben die Belastungen für die sozialen Organisationen erhöht. Trägerwohnungen sind immer schwerer zu finden, dabei werden sie dringend benötigt. Unsere Publikation enthält auch einen dringenden Appell an Politik und Verwaltung, die Situation ernst zu nehmen.
Wir feiern im nächsten Jahr unser 75-jähriges Jubiläum. Mit Ihnen zusammen sind wir mit über 800 Mitgliedsorganisationen, in denen über 62.000 Mitarbeitende sowie etwa 30.000 Ehrenamtliche tätig sind, der größte Wohlfahrtsverband Berlins. Wir sind froh und stolz, dass sich unter unserem Dach so viele verschiedene Mitgliedsorganisationen versammeln: die ganze bunte Vielfalt unserer Stadt und ihrer Menschen. Besonders im Jubiläumsjahr freuen wir uns, wenn Sie aus Ihren Organisationen berichten, wie Sie mit Ihrem Engagement Berlin besser machen. Wie die Spardebatten jetzt zeigen, dürfen wir nicht aufhören, zu erklären, wie wichtig Ihre Soziale Arbeit für die Menschen in Berlin ist. Wir stehen gemeinsam ein für ein soziales Berlin und unsere Werte Offenheit, Vielfalt und Toleranz. Ich freue mich darauf!
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was uns bewegt, wofür wir stehen, wie wir Berlin besser machen