Partner für soziale Arbeit

Aktuelles

  • Schlagwort Aus dem Verband
  • Organisation Charité-Studie im Auftrag des Paritätischen Berlin zeigt dringenden Handlungsbedarf bei der medizinischen Versorgung von Menschen ohne Wohnraum
  • Art Meldungen
  • Veröffentlichungsdatum 07.04.2025

Zwischen Notunterkunft und Notaufnahme: die gesundheitliche und soziale Lage wohnungsloser Menschen in Berlin

Charité-Studie im Auftrag des Paritätischen Berlin zeigt dringenden Handlungsbedarf bei der medizinischen Versorgung von Menschen ohne Wohnraum

Behandlungsraum im Gesundheitszentrum der Jenny De la Torre Stiftung © Jenny De la Torre Stiftung

Straßenobdachlosigkeit, Übernachtung in Notunterkünften oder nicht zur Behausung vorgesehenen Gebäuden: Die prekären Umstände, unter denen wohnungslose Menschen leben, verstärken gesundheitliche Mangelzustände und provozieren chronische Erkrankungen. Obdach- und wohnungslose Menschen fallen oft durch das System der medizinischen Versorgung und lassen sich meist nur in Notsituationen behandeln. Die verstärkte Migrationsbewegung sowie die pandemische Lage der letzten Jahre haben die Notlagen weiter verstärkt.

Eine Studie der Charité im Auftrag des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin hat die Gesundheitsversorgung wohnungsloser Menschen in Berlin über mehrere Jahre hinweg wissenschaftlich erforscht. Erhoben wurden die Daten der Patientinnen und Patienten des Gesundheitszentrums der Jenny De la Torre Stiftung und der Arztpraxis des TagesTreff für Wohnungslose und Bedürftige des HVD in der Weitlingstraße.

Die einzigartige Datenbasis ermöglicht es, ein detailliertes Bild der vielfältigen Patient*innengruppe zu zeichnen und ihren sich wandelnden Versorgungsbedarf über einen Zeitraum von zehn Jahren (2012–2022) nachzuvollziehen. Darüber hinaus erlaubt sie weitergehende Analysen über die dokumentierte primärärztliche Versorgung in den Einrichtungen hinaus, da die archivierten Akten der Patientinnen und Patienten auch Entlassungsdokumente aus der Notfallmedizin und stationären Versorgung enthalten. Der Bericht schließt mit konkreten Handlungsempfehlungen für die präventive Versorgungspraxis sowie methodischen Überlegungen zur weiteren Nutzung solcher Forschungsdaten.

Die Studie zeigt deutlich: Menschen in Wohnungslosigkeit haben oft gleichzeitig medizinische, psychische und soziale Unterstützungsbedarfe – doch die bestehenden Hilfsangebote stoßen stark an ihre Grenzen. Die untersuchten niedrigschwelligen Einrichtungen leisten wichtige erste medizinische Hilfe, können aber aufgrund fehlender Ressourcen keine langfristige, den medizinischen Standards angemessene Versorgung sicherstellen. Nur durch ehrenamtliches Engagement und Spenden kann die niedrigschwellige medizinische Versorgung von obdachlosen Menschen überhaupt aufrechterhalten werden.

Besonders dramatisch ist die Situation für Menschen ohne Krankenversicherung – sie erhalten medizinische Hilfe oft erst als Notfall im Krankenhaus, wenn Krankheiten bereits weit fortgeschritten sind. Um diese Entwicklung zu durchbrechen, braucht es eine bessere Finanzierung der bestehenden niedrigschwelligen medizinischen Angebote, eine engere Zusammenarbeit zwischen Notaufnahmen, ambulanter Regelversorgung und niedrigschwelligen Anlaufstellen. Die Studie fordert daher gemeinsame Zielvorstellungen aller Akteure, neue Kommunikationswege zwischen sozialen und medizinischen Einrichtungen – sowie eine grundlegende Öffnung und Anpassung des Regelsystems auch für obdach- und wohnungslose Personen. Nur so kann nachhaltige Hilfe gelingen und langfristig auch die Reintegration dieser Menschen in reguläre Versorgungsstrukturen möglich werden.

Der Abschlussbericht der Studie kann hier in der Datenbank der FU Berlin heruntergeladen werden.

Um wohnungslose Menschen besser versorgen zu können, setzt sich der Paritätische Berlin gemeinsam mit vielen weiteren Akteurinnen und Akteuren für eine integrierte Gesundheitsversorgung in Form von dezentralen Gesundheitszentren ein. Mehr dazu hier im Konzept zur niedrigschwelligen ambulanten Gesundheitsversorgung für Menschen ohne eigenen Wohnraum in der Struktur von Gesundheitszentren (KNAG)

 

Kontakt beim Paritätischen Berlin

Daniela Radlbeck
Referentin Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungspolitik
Telefon: 030 86 001-180
E-Mail: radlbeck[at]paritaet-berlin.de

Aktuelles