„Wenn wir es nicht machen, macht es niemand!“
Klartext und Aufbruchstimmung auf der Mitgliederversammlung 2024 des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin
In der Französischen Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt kamen am 27. November die Mitglieder und Mitarbeitenden des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin zusammen, um über die Herausforderungen und Erfolge des letzten Jahres zu beraten und Weichen für die Zukunft zu stellen. Die barocke Architektur im Innenraum und das warme Licht sorgten für eine feierliche und inspirierende Atmosphäre.
Stefan Dominik Peter, Vorstandsvorsitzender des Paritätischen Berlin, eröffnete die Versammlung und hob in seiner Rede die Bedeutung von Solidarität und gemeinsamer Verantwortung hervor. Anschließend sprach Dr. Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Sein zentraler Appell: „Mit jeder Kürzung stirbt ein Stück Demokratie!“
Kritik an den Haushaltskürzungen
Einen zentralen Moment der Veranstaltung bildete die Rede von Finanzsenator Stefan Evers, der auf die aktuelle Haushaltslage Berlins einging. Er beschrieb die dramatischen Herausforderungen angesichts eines Defizits von drei Milliarden Euro und die Notwendigkeit einschneidender Kürzungen. Dabei betonte er, der soziale Bereich solle vergleichsweise gering belastet werden.
Evers kritisierte die bisherige Haushaltspolitik als „Politik, als gäbe es kein Morgen“. Zugleich räumte er ein, dass Personalengpässe und eine alternde Verwaltung die Stadt vor zusätzliche Hürden stellten.
Die anschließende Diskussion verdeutlichte die Besorgnis der Teilnehmenden bezüglich der geplanten Kürzungen im sozialen Bereich und steigender Lebenshaltungskosten. Evers betonte seinen eingeschränkten Handlungsspielraum, versprach jedoch, die Belastungen so gering wie möglich zu halten.
Die Geschäftsführerin des Paritätischen Berlin, Prof. Dr. Gabriele Schlimper, reagierte mit scharfer Kritik auf die angekündigten Einschnitte. Sie führte Beispiele wie die geplante Streichung von 90 Stellen in der Schulsozialarbeit, massive Kürzungen in der Gewaltprävention und bei den Mitteln für Migration an. „Die Kürzungen bedeuten, dass Angebote für Menschen in dieser Stadt gestrichen werden! Kürzungen im sozialen Bereich sind grundsätzlich komplett inakzeptabel“, erklärte sie mit Nachdruck.
Der Verband reagiert auf aktuelle Herausforderungen
Gleichzeitig hob sie die Erfolge des Verbands hervor: 27 neue Mitgliedsorganisationen, im Jahresabschluss des Verbandes ist ein Plus von zwei Millionen Euro zu verzeichnen, das vollständig in soziale Projekte investiert wird, und internationale Kooperationen, etwa mit Fachkräften aus der Türkei, die für die Arbeit im sozialen Bereich in Berlin gewonnen werden konnten: „Wir werden selbst aktiv – denn wenn wir es nicht machen, macht es niemand!“
Sie rief die Mitglieder auf, an der Demonstration vor dem Abgeordnetenhaus am 5. Dezember teilzunehmen und gemeinsam ein lautes und deutliches Zeichen zu setzen: „Mit jeder Kürzung stirbt ein Stück Demokratie – das geht nicht!“
Ein emotionaler Moment war die Verabschiedung von Ellis Huber, der viele Jahre im Vorstand des Paritätischen Berlin aktiv war. Prof. Barbara John würdigte ihn als visionären Gesundheitspolitiker, der Werte wie Nächstenliebe nicht nur predige, sondern lebe.
Huber selbst hob die große Bedeutung der sozialen Arbeit hervor: „Die Gesundheit fördert man, indem man für mehr Zusammenhalt und Gemeinschaft sorgt.“ Der Paritätische Berlin sei „das Gehirn und das Herz des zivilgesellschaftlichen Lebens in Berlin“ und gewinne immer mehr an Bedeutung.
Ingo Fehlberg, Wirtschaftsprüfer der Mazars GmbH & Co. KG, präsentierte die Zahlen des vergangenen Geschäftsjahres. Der Bericht bestätigte, dass sämtliche gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden und keine Beanstandungen vorlagen.
Wahl der Verbandsgremien
Ein weiteres Highlight des Abends war die Wahl des neuen Vorstands. Mit großer Mehrheit wurde Stefan Dominik Peter erneut zum Vorstandsvorsitzenden gewählt. Neben ihm wurden Birgit Angermann, Gabriele Geissler, Aynur Toramann, Ria Schneider, Ute Hiller, Ludger Pesch, Alexander Fischer und Birgit Drischmann in den Vorstand berufen. Auch der Berufungsausschuss wurde einstimmig gewählt.
In den Pausen und zum Ausklang der Veranstaltung gab es Gelegenheiten zum Austausch und Netzwerken. Bei Snacks und Getränken kamen Mitglieder und Mitarbeitende ins Gespräch, diskutierten aktuelle Themen und schmiedeten Pläne. Die Atmosphäre war geprägt von dem gemeinsamen Ziel, das soziale Berlin zu erhalten und zu stärken.
Mit einem klaren Blick auf die Herausforderungen geht der Paritätische Berlin in das kommende Jahr – entschlossen, weiterhin eine Stimme für die Zivilgesellschaft in Berlin zu sein.