Statement des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin zur Gründung staatlicher Sozialunternehmen durch das Land Berlin

Mit Erstaunen haben wir die auf der 7. Strategiekonferenz zur Wohnungsnotfallhilfe verkündeten Pläne zur Gründung eines weiteren staatlichen Sozialunternehmens zur Unterbringung und Schaffung von Wohnraum für wohnungslose Menschen mit und ohne Fluchthintergrund zur Kenntnis genommen.
Wir haben im Bereich der Unterbringung von Geflüchteten beobachtet, dass viele soziale Organisationen mit einer jahrelangen Erfahrung und einer hohen Kompetenz in der Arbeit mit Geflüchteten aufgrund der regelmäßigen Ausschreibungen – die letztendlich nach dem geringsten Preis ausgewählt werden – verdrängt wurden. Zur selben Zeit wurde ein landeseigener Betreiber von Unterkünften aufgebaut, der Landesbetrieb für Gebäudebewirtschaftung Berlin — Betriebsteil B (LfG-B), um in schwierigen Notsituationen schnell und zielgerichtet tätig zu werden. Dieses landeseigene Unternehmen hat jedoch nicht bzw. nur unzureichend in schwierigen Notsituationen ausgeholfen, sondern vielfach gut laufende Unterkünfte für den dauerhaften Betrieb übernommen, die zuvor von gemeinnützigen freien Trägern vorbildlich geführt wurden. Für die tatsächliche Unterstützung in als schwierig und aufwändig zu bezeichnenden Unterkünften, wie z.B. Tegel scheint der landeseigene Betrieb jedoch nicht ausreichend aktiv zu werden.
Wir befürchten daher, dass mit einem weiteren landeseigenen Betrieb in den Bereichen der Unterbringung von wohnungslosen Menschen und weiteren Zielgruppen, die auf dem Wohnungsmarkt benachteiligt sind, eine ähnliche Entwicklung eintreten könnte. Unsere Sorge ist, dass freie gemeinnützige Träger dort, wo es gut läuft durch Ausschreibung oder Übernahme durch den landeseigenen Betrieb verdrängt werden.
Deshalb schlagen wir vor: Der bereits existierende landeseigene Betrieb, LfG-B, sollte gut laufende Unterkünfte für Menschen mit Fluchthintergrund wieder in die Hände der freien Träger und der Zivilgesellschaft übergeben und sich um die drängenden Unterbringungsprobleme kümmern. Für die Unterbringung von wohnungslosen Menschen fordern wir Qualitätsstandards und die Unterstützung der guten Best-Practice-Modelle der freien Träger, damit diese ihre Arbeit weiterhin im Sinne der ratsuchenden Menschen fortsetzen können.
Berlin hat einen großen Bedarf an Gebäuden, Grundstücken und Wohnungen, um die Wohn- und Lebensbedürfnisse besonders benachteiligter oder bedürftiger Personengruppen zu erfüllen. Der Paritätische weist seit Jahren auf diesen Umstand hin, sucht mit seinen Mitgliedsorganisationen nach Unterstützern und entwickelt auch gemeinsam mit landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wertvolle Modellprojekte. Diese Potentiale und Erfahrungen sollten umfänglich genutzt und ausgeweitet werden.
Daher betonen wir, dass Berlin Räume zur Unterbringung und zum Wohnen für Menschen braucht, die auf dem Wohnungsmarkt keine Chance haben. Diese könnten von einem staatlichen Unternehmen geschaffen und vermietet werden. Der Betrieb und die Ausgestaltung der sozialen Arbeit sollten jedoch durch die vielfältige und bunte zivilgesellschaftliche Trägerlandschaft realisiert werden.
Im Sinne der Achtung des Subsidiaritätsprinzips sollte Berlin die Vielzahl und die Vielfalt seiner freien Träger weiterhin unterstützen, die seit Jahrzehnten tatkräftig und kompetent ein soziales Berlin ermöglichen.
Prof. Dr. Gabriele Schlimper
Geschäftsführerin Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin
Kontakt beim Paritätischen Berlin

Daniela Radlbeck
E-Mail: radlbeck[at]paritaet-berlin.de
