Paritätisches Netzwerk zur Gewinnung von ausländischen Fachkräften
Reise nach Ankara im Oktober 2024 und erste Erfahrungen

Der aktuelle Fachkräftebedarf in den Hilfen zur Erziehung stellt freie Träger vor große Herausforderungen, um Versorgungssituation von Kindern, Jugendlichen und Familien in Berlin auch künftig abzusichern. Immer mehr Mitgliedsorganisationen des Paritätischen erkunden deshalb Möglichkeiten, um Fachkräfte aus dem Ausland und/oder mit ausländischen Bildungsqualifikationen zu gewinnen.
Der Paritätische Berlin hat im Jahr 2023 ein Netzwerk zur Gewinnung von ausländischen Fachkräften im Bereich Hilfen zur Erziehung aufgebaut. Ziel ist, sich mit den Rahmenbedingungen für die Beschäftigung von Fachkräften aus dem Ausland auseinanderzusetzen und geeignete Partnerorganisationen in unterschiedlichen Ländern – zunächst in der Türkei – zu ermitteln. In diesem Netzwerk sind insgesamt 26 Mitgliedsorganisationen und unterschiedliche Partnerinnen und Partner zusammengeschlossen.
Orientierung für Quereinsteigende
Der Paritätische hat inzwischen eine Reihe von Arbeitshilfen und Materialien in Deutsch und Türkisch über die Möglichkeiten der Beschäftigung von ausländischen Fachkräften in den stationären und ambulanten Angeboten der Hilfen zur Erziehung entwickelt, die mit der Einrichtungsaufsicht der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie abgestimmt wurden. Die ausländischen Fachkräfte können, sofern sie die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllen, zunächst als Quereinsteigende in den Hilfen zur Erziehung in Berlin arbeiten. Sie müssen innerhalb von drei Jahren bestimmte Fortbildungsauflagen erfüllen, die von der Einrichtungsaufsicht individuell geprüft und festgestellt werden. Die Anforderungen an Fachkräfte und Quereinsteigende in den Hilfen zur Erziehung sind im Leitfaden der Einrichtungsaufsicht beschrieben. Die berufsrechtliche Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen können ausländischen Fachkräfte während ihrer Zeit als Quereinsteigende in den Hilfen zur Erziehung auf eigenen Wunsch und Initiative einleiten.
Reise in die Türkei
Der Paritätische hat inzwischen Kontakte mit Universitäten und Verbänden in der Türkei aufgebaut, an denen die sozialpädagogischen Fachkräfte ausgebildet werden: Universität Ankara, Hacettepe Universität, Berufsverband der Sozialen Arbeit (SHUDER) und Spracheninstitut TÖMER der Universität Ankara. Im Oktober 2024 hat der Paritätische eine Reise nach Ankara mit 17 Teilnehmenden aus den Mitgliedsorganisationen organisiert, um in den Austausch mit potenziellen Fachkräften zu kommen und sie für die Arbeit in den Hilfen zur Erziehung in Berlin zu gewinnen.
Die Reise war ein großer Erfolg: Der Paritätische und die freien Träger der Jugendhilfe haben interessante Gespräche an Infotischen mit mehreren hundert Studierenden geführt, darunter Studierende der Sozialen Arbeit der Universität Ankara und der Hacettepe Universität sowie Absolvent*innen der Sozialen Arbeit, die sich im Berufsverband (SHUDER) zusammengeschlossen haben. In den Gesprächen haben die Mitarbeitenden für die Arbeit und/oder Praktika in den Hilfen zur Erziehung in Berlin geworben. Sie hatten zudem die Gelegenheit, die Arbeit der sozialen Organisation Hayat Sende in Ankara kennenzulernen, die sich unter anderem für die Anliegen von Careleavern und Sozialarbeitenden in der Heimerziehung engagiert.
Kooperationen für Sprachkurse
Die Frage der Sprachbarrieren für ausländische Fachkräfte wurde bei der Reise in die Türkei ebenfalls mitgedacht. Mit dem Spracheninstitut der Universität Ankara (TÖMER) konnte ein Sprachprogramm bis B2-Niveau für die Bewerberinnen und Bewerber initiiert werden. Auch mit weiteren Spracheninstituten in der Türkei (wie dem Goethe-Institut) und in Berlin haben die Mitgliedsorganisationen Kontakt aufgenommen. Die freien Träger übernehmen unter bestimmten Voraussetzungen anteilig oder vollständig die Kosten für Sprachkurse für die Bewerberinnen und Bewerber.
Nach der Reise sind bei den Trägerorganisationen jeweils bis zu 20 Bewerbungen eingegangen und es gehen regelmäßig weitere Bewerbungen ein.
Schulungen ermöglichen Einblicke in die Arbeitsweise
Mit Unterstützung der Paritätischen Akademie konnte zudem für alle interessierten Studierenden und Absolventen der Sozialen Arbeit aus der Türkei ein Online-Vortragsreihe über die Besonderheiten der Hilfen zur Erziehung als Orientierung für die individuelle berufliche Entscheidung aufgebaut werden. Ziel ist, Interessierte mit Themen wie UN-Kinderrechtskonvention, Kinderschutz, Haltung in der Jugendhilfe oder Arbeitsweisen in den stationären und ambulanten Hilfen zur Erziehung vertraut zu machen. Die freien Träger gestalten das Online-Schulungsprogramm mit eigenen Vorträgen mit und stellen ihre Einrichtungen vor. Das Programm findet von November 2024 bis Juni 2025 statt, sodass die Teilnahme neben dem Studium und/oder dem Spracherwerb möglich ist. An den Schulungen nehmen aktuell bis zu 60 Teilnehmenden teil.
Unterstützungsangebote für die Träger
Am 23. Januar 2025 hat der Paritätische eine Informations- und Vernetzungsveranstaltung mit dem Arbeitgeberservice der Agenturen für Arbeit in Berlin organisiert. Die Mitarbeitenden der freien Träger wurden mit dem neuen Qualifizierungschancengesetz vertraut gemacht und hatten die Gelegenheit, die vielfältigen Unterstützungsleistungen der Agenturen für Arbeit bei der Gewinnung des Personals aus dem Ausland kennenzulernen.
Ziel des Paritätischen Netzwerkes zu Gewinnung von ausländischen Fachkräften für die Hilfen zur Erziehung ist es, dass die freien Träger selbst einen Zugang zu verlässlichen Partnerorganisationen im In- und Ausland aufbauen und nutzen können, um ausländischen Fachkräfte zielgerichtet zu adressieren. Die Mitglieder tauschen sich über Bewerbungs- und Einstellungserfahrungen, arbeits- und aufenthaltsrechtliche Besonderheiten sowie Best-Practice-Beispiele aus.
Das Netzwerk wird von den Mitgliedern positiv wahrgenommen. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Einrichtungsaufsicht der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und der Bundesagentur für Arbeit konnten die Hürden für die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte minimiert werden. Wir werden künftig auch weitere Kontakte und Kooperationen aufbauen und das Netzwerk erweitern.
Kontakt beim Paritätischen Berlin

Anna Nikitin
E-Mail: nikitin[at]paritaet-berlin.de