Allianzen für queere Menschen in Wohnungsnot: JETZT!
Gemeinsame Pressemitteilung Arbeitskreis QUEER*WOHNEN und Arbeitskreis WOHNUNGSNOT

Queere Menschen sind überproportional von Wohnungsnot betroffen. Der Winter steht vor der Tür. Doch noch immer fehlt es in Berlin an queer-sensiblen Notunterkünften und Kältehilfeangeboten! Der AK QUEER*WOHNEN und der AK Wohnungsnot fordern daher gemeinsam Allianzen für queere Menschen, die von Wohnungsnot bedroht oder betroffen sind: JETZT!
"Unsere aktuelle Studie zu ASOG als Element der Berliner Wohnungsnotfallhilfe zeigt: Die Lebensbedingungen dort entsprechen nicht immer menschenrechtlichen Standards. Besonders vulnerable und diskriminierte Gruppen wie LGBTIQ* benötigen kurzfristig ein verbindliches Schutzkonzept. Mittelfristig geht es um queer-sensible ASOG-Angebote, langfristig um eine Umstrukturierung der Berliner Wohnungsnotfallhilfe: Das Ziel ist nicht die Verwaltung von Wohnungslosigkeit, sondern ihre Überwindung!" sagt dazu Dr. Susanne Gerull, Professorin für Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit an der Alice Salomon Hochschule, Berlin.
Zahlreiche Organisationen, soziale Träger und Projekte – darunter auch der Arbeitskreis Wohnungsnot – haben sich Anfang 2024 zum AK QUEER*WOHNEN zusammengeschlossen. Als zivilgesellschaftliches Netzwerk arbeitet der AK an einem umfangreichen Forderungskatalog für eine queer-sensible Wohnraumversorgung in Berlin (vgl. §2 AGG/§2 LADG). Angesichts des akuten Handlungsbedarfs verständigte der AK QUEER*WOHNEN sich zunächst auf drei zentrale Forderungen an den Berliner Senat:
- Der Senat muss seiner Pflicht nachkommen, soziale Wohnraumversorgung für alle zu leisten. Das heißt: Alle Akteur:innen, die sich zu Wohnungsnot von LSBTIQ+ Menschen engagieren, müssen einbezogen werden. Dafür steht der AK QUEER*WOHNEN als Partner*in: Nicht „über uns“, sondern „mit uns“!
- Queer-sensible Unterkünfte müssen räumlich am Bedarf der Zielgruppe orientiert geschaffen und existierende Strukturen in Abstimmung mit den Bezirksämtern erhalten werden. Queer-Sensibilität gilt es in den Qualitätskriterien für die Gesamtstädtische Steuerung der Unterbringung (GStU) sicherzustellen!
- Queere Wohnungslose mit Fluchterfahrung oder Migrationsgeschichte sind neben allgemeinen Alltagsbelastungen oft zusätzlich Rassismus und Diskriminierung ausgesetzt. Wir fordern den stärkeren Ausbau der migrantischen Selbstorganisation (MSOs), sowie der sicheren 24/7- Unterkünfte (besonders für queere BiPoC), der mehrsprachigen Angebote und niedrigschwelliger Antragsverfahren!
Warum besteht akuter Handlungsbedarf? Die Finanzierung der vom Senat geförderten Antidiskriminierungsprojekte scheint noch bis Ende 2025 gesichert. Im Haushalt der Sozialverwaltung sind 75 Millionen einzusparen. Das bedeutet massive Kürzungen für die im Integrierten Sozialprogramm (ISP) geförderten Projekte der Wohnungsnotfallhilfe ab Januar 2025. Das lässt erahnen, dass nicht nur die geplante Weiterentwicklung der queer-sensiblen Wohnungsnotfallhilfe,sondern auch die Abschaffung der Obdachlosigkeit allgemein bis 2030, wie das Europäische Parlament sie für die Mietgliedstaaten der EU fordert, in Berlin völlig utopisch bleiben.
Konkret ist weiter zu befürchten, dass die weiterführenden Hilfen für queere Wohnungslose nach §67 SGB XII in Berlin nicht im geplanten Umfang ausgebaut, sondern ebenfalls gekürzt werden. Auch die vom Senat im Rahmen der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt" (IGSV) geplanten LSBTIQ+ Maßnahmen könnten Ziel von Sparmaßnahmen werden. Die Eröffnung von LSBTIQ+ spezifischen ASOG-Unterkünften2 in den Bezirken (Maßnahme 199), die Schaffung von LSBTIQ+ sensiblen Beschwerdemöglichkeiten für die Wohnungsnotfallhilfe (Maßnahme 207) sowie die Berücksichtigung der Bedarfe von LSBTIQ+ in 24/7 Unterkünften und die Schaffung spezifischer LSBTIQ+ Angebote in diesem Bereich (Maßnahme 212) erscheinen gefährdet.
Ein solches Sparprogramm ignoriert die aktuelle Lebensrealität Auswirkungen auf den Alltag aller Menschen in Wohnungsnot. Es vernachlässigt auch die daraus resultierenden Folgekosten für den Landeshaushalt. Die soziale Nachhaltigkeit der Berliner Wohnungslosenhilfe steht damit in Frage! Statt Kürzungen: Zeitnahe und konsequente Umsetzung der IGSV!
Die ganze Pressemitteilung ist hier abrufbar.